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LATODA AUF KI-WORKSHOP BEI DER BAM

Berlin. 2.3.2023

Der Ausbau der Windenergie wird bis 2030 bei Offshore Anlagen auf 30 GW ansteigen. An Land wird eine Leistungssteigerung auf 115 GW projiziert. Bei dem Workshop Technologietransfer: „Vom Labor in den Windpark von Morgen“ bei der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin, wurde schnell deutlich, dass die Branche enorme Herausforderungen zu bewältigen hat. Schon heute produzieren die meisten Windanlagen weniger als sie optimaler Weise leisten könnten. Das liegt in erster Linie an der Fertigungsqualität der Rotorblätter und ihre Einstellwinkel am Turm.

Den Überblick über die denkbaren Schäden an einer Anlage gab Christoph Pudenz von dem technischen Überwachungsdienst DEKRA. Bei sogenannten Wiederkehrenden Prüfungen werden in regelmäßigen Abständen der Zustand von Fundament, Turm und Maschine geprüft.

So wird beispielsweise das Fundament auf Risse hin geprüft, während beim Turm die Verschraubung und Korrosion bei Anbauteilen untersucht wird.

Bei der Maschine werden die Großkomponenten wie Getriebe und Trafo ins Auge gefasst, um frühzeitig Anzeichen von beginnenden Schäden zu erfassen. Bei Wiederkehrenden Prüfungen werden auch die Rotorblätter gründlich geprüft. Eine Inspektion der Rotorblätter beinhaltete eine Inaugenscheinnahme von innen und außen. Gesucht werden Risse, Erosionen, Abplatzungen oder auch De-laminierungen. Zudem wird eine Blitzschutzmessung vorgeführt. Bisherige Rotorblattinspektionen werden mittels Seilzugangstechnik aufwendig durchgeführt. Industrie-Kletterer* sehen sich dabei aus unmittelbarer Nähe den Zustand der Rotorblätter an. Durch das klassische Abklopfen des GFK können schnell Abplatzungen und deren Ausmaß erkannt werden. Versteckte Mängel sind in der Regel nicht mit dem bloßen Auge erkennbar. Da müssen andere Verfahren angewandt werden.

Welche Möglichkeiten bisher vorhanden sind, um versteckte Mängel und damit potentielle Schadensherde zu entdecken, erläutere Jochen Aderhold, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fraunhofer Instituts. Er verwies auf den Einsatz der aktiven und passiven Thermographie bei der Inspektion von Rotorblättern. Bisherige thermographische Verfahren sind zeitaufwendig und erfordern eine längere Standzeit der Anlage. Die Erkenntnisse der Untersuchungen in den letzten 15 Jahren sind relativ eindeutig. Danach sind circa 90% der Schäden an Rotorblättern produktionsbedingt. Zudem kommt es beim Transport und Aufbau der Anlagen zu Beschädigungen. Die optimale Leistungsausbeute wird vielfach nicht erreicht.

Lars Osterbrink, Technischer Leiter beim Marburger Start-up LATODA erläutere in seinem Vortrag, wie ein neuartiges Verfahren bei dem Rotorblätter mittels Thermografie und künstlicher Intelligenz auf Materialermüdung geprüft werden, die Energieausbeute von Windenergieanlagen nachhaltig verbessert.

Durch die Früherkennung von Schäden an der Oberfläche von Rotorblättern können die Betreiber die Effizienz ihrer von Windanlagen steigern.

Lars Osterbrink berichtete, dass unter Leitung der BAM das neuartige Inspektionsverfahren erfolgreich getestet worden war. Die  thermografische Aufnahmen mit einer Infrarotkamera machten Erosionsschäden an den Rotorblättern sichtbar. Die Machbarkeitsstudie zur automatischen Erkennung von thermografischen Turbulenzmustern basierte auf einem KI-Prototypen-Modell, das schon jetzt zuverlässig und genau Turbulenzmuster erkennen kann. Basierend auf diesen positiven Ergebnissen ist eine Weiterentwicklung geplant, die unter anderem die automatische Prognose von Effizienzverlusten der Windturbinen aufgrund der Turbulenzmuster und weiterer Faktoren (z.B. Standort, Wetterverhältnisse, Windturbinentyp) beinhaltet.​

Im Vergleich zu konventionellen Inspektionsverfahren mit Industriekletter*innen, die meist 2-3 Tage in Anspruch nehmen, dauert eine thermografische Inspektion von Rotorblättern etwa zehn Minuten. Für diesen kurzen Zeitraum muss die Anlage noch nicht einmal stillgelegt werden. Die aufgenommenen Thermogramme werden anschließend mit komplexen Bildverarbeitungs- und KI-Algorithmen analysiert und dabei kleinste Temperaturunterschiede auf der Oberfläche der Rotorblätter registriert und markiert. Sie weisen auf Schadenereignisse hin. Durch die automatisierte Datenauswertung können Wartungs- und Reparaturarbeiten deutlich effizienter als bisher geplant werden. Zudem ist das Verfahren kostengünstiger. Das Inspektionsverfahren könnte sogar häufiger durchgeführt werden, um Schäden im Frühstadium zu erkennen und oberflächennah beheben, bevor tiefgreifende Reparaturen erforderlich werden. 

Die Diskussion konzentrierte sich im Folgenden auf die ökonomischen Rahmenbedingungen beim Betrieb von Windenergieanlagen. Danach ist eine hohe Preissensibilität bei Betreibern festzustellen. Zudem werden Ausfallzeiten nach dem EEG vergütet. Es gibt daher keine allzu großen Anreize, die Anlagen technisch zu optimieren. Die hohe Anzahl der Offshore-Anlagen wird die technische Überwachung vor logistische Herausforderungen stellen. Ein mit dem Workshop angedachter Wissenstransfer von Wissenschaft zu künftigen Anlagen ist in Gang gekommen, so Michael Stamm, Projektleiter beim BAM . Allein bei der Produktion von Rotorblättern lassen sich schon durch eine stringende Qualitätskontrolle bei der Abnahme Verbesserungen erzielen. Auch die Versicherungsunternehmen sollten künftig eine stärkere Rolle in der Vernetzung von Herstellern, Betreibern, Wissenschaft und Technischen Überwachungsdiensten spielen. Sie verfügen einen umfassenden Datensatz von Schäden und Beschädigungen, die auch für die wissenschaftliche Erforschung von enormer Bedeutung sein können. Ein weiterer Workshop zum Thema Wissenstransfer ist in Planung.

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